Sie zählen beide 38 Lenze, haben schon einige „richtige" Stadtderbys hinter sich. Der eine, Marco Kurz, ist mittlerweile Trainer der Löwen. Der andere, Oliver Kahn, steht immer noch mit kurzen Hosen auf dem Platz - wahrscheinlich zum letzten Mal gegen die Sechziger. Die Wortwahl ist bei beiden fast die Gleiche. „Das Stadtderby hat schon zu meiner aktiven Zeit von den Emotionen gelebt", sagt Kurz. „Das waren immer große Highlights, die immer von großen Emotionen geprägt waren", erklärt Torhüter Kahn. Zwei derbyerfahrene Protagonisten: FCB-Torwart Oliver Kahn und Marco Kurz, mittlerweile Cheftrainer bei den Löwen.Trotzdem ist es für den Fußball-Lehrer Kurz etwas anderes seit er Trainer ist. „Von außen kannst du weniger Emotionen verbrennen, als Spieler kannst du auf dem Platz rennen und kämpfen." Und noch einen Unterschied hat der Ex-Profi ausgemacht. Anders als früher, wo beide Teams noch in der gleichen Liga spielten, sei man „der klare Underdog". „Zwischen beiden Klubs klafft eine große Schere. Bayern visiert die europäische Spitze an, wir die Spitze in der Zweiten Liga."
Sein Team sieht Kurz deshalb als klaren Außenseiter. „Der Druck liegt auf den Bayern, alles andere als ein Sieg wäre eine Überraschung. Wir wollen aber unsere minimale Chance nutzen." Dazu müsse sein Team eine „fantastische Leistung über die gesamte Spielzeit abrufen", die Fehlerquote müsse fast gegen Null gehen. „Du kannst gegen Bayern nicht 120 Minuten verteidigen und auf ein Elfmeterschießen hoffen", weiß Kurz und fordert von seinen Jungs, dass sie „selbst den Weg zum gegnerischen Tor suchen und frech nach vorne spielen. Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit reicht, das hat man bei dem Ausgleich im Freundschaftsderby gesehen".
Kurz hat einen Vorteil bei seinem Team erkannt. 15 Spieler in seinem Kader stammen aus Bayern, „sie leben das Derby von Kindheit auf, werden sich entsprechend engagieren." Auch deshalb muss er ihnen keine Szenen aus vergangenen Tagen vorspielen. Der Trainer selbst schrieb in der Saison 1999/2000 Derby-Geschichte. Zweimal triumphierten die Blauen in dieser Spielzeit gegen die Roten, das 1:0 vom 27. November 1999 war zudem der erste Erfolg gegen die Bayern nach 22 Jahren. Thomas Riedl, der sein Kommen zum DFB-Pokal-Viertelfinale angekündigt hat, erzielte kurz vor Schluss den entscheidenden Treffer. Gefühlsmäßig war es für den damaligen Kapitän Kurz ein ganz besonderer Augenblick in seiner Karriere. Denn die Nacht zuvor hatte seine Frau Nicole die erste Tochter Luisa zur Welt gebracht, nach dem Erfolg über die Bayern lag er deshalb weinend vor Freude und erschöpft im Mittelkreis.
Nicht nur wegen dieser Erinnerung hat das Stadtderby für den jungen Chefcoach ein ganz besonderes Flair. „Ich freue mich auf das Derby, weil ich weiß, dass meine Mannschaft eine gute Leistung abrufen wird. Ich habe von Anfang an gesagt: unser Ziel im Pokal ist Berlin. Das ist ein Traum von uns, den wir realisieren wollen."
Personell besitzt Kurz für das Viertelfinalspiel wieder einige Alternativen. Gegenüber dem 0:0 in Köln kehren die beiden gesperrten Gregg Berhalter und Markus Thorandt zurück. „Die Wahrscheinlichkeit, dass sie spielen werden, ist sehr hoch", wollte sich der 38-Jährige aber nicht abschließend festlegen. Drei bis vier Veränderungen, so Kurz, könnte es in der Startelf geben. Ein Fragezeichen steht nach wie vor hinter Fabian Johnson, der zuletzt wegen muskulärer Probleme ausfiel. „Da müssen wir das Abschlusstraining abwarten", so der Coach.
Dagegen ist die taktische Ausrichtung klar. „Den Bayern dürfen wir nicht viel Räume geben. Gegen Köln hatten wir in den ersten 25 Minuten zu viel Abstand zwischen den Mannschaftsteilen." Auf keinen Fall wird man „fliegende Bayern" sehen. „Wir werden nicht kloppen, sondern wir haben nur eine Chance, wenn wir das spielerische Element zum Tragen bringen." Von der Physis jedenfalls könnte sein Team problemlos mit den Bayern mithalten.
Die Roten wiederum sind topmotiviert. „Der Stachel vom 1:1 sitzt noch tief", sagt FCB-Trainer Otmar Hitzfeld mit Blick auf das Freundschaftsspiel vor einem Monat, als man den eigenen Fans vollmundig einen Sieg versprochen hatte. „Wir müssen eiskalt spielen mit dem einen Ziel, das Spiel für uns zu entscheiden." Drastischer formuliert es Manager Uli Hoeneß. „Es gibt keine Ausreden, dass es nur ein Freundschaftsspiel ist, diesmal geht es um ernste Geschichten. Wenn man gegen einen Zweitligisten im Pokal ausscheidet, gibt es keine Entschuldigung." Seit vier Partien warten die Bayern auf einen Sieg gegen die Löwen, in der Allianz Arena konnten sie seit 2005 noch nie gewinnen.
„Für unsere Jungs wird das Spiel das Highlight ihrer bisherigen Karriere", findet Löwen-Geschäftsführer Stefan Reuter. „Wir werden mutig unsere Chance suchen. Vor den Bayern brauchen wir uns nicht in die Hosen machen, wenn wir mit Begeisterung und Leidenschaft auftreten. Wir haben nichts zu verlieren", so der 41-jährige Welt- und Europameister. „Es ist sehr reizvoll, gegen die Nummer 1 in Deutschland anzutreten." Reuter wäre selbst mit einem „schmutzigen 1:0" zufrieden - Hauptsache ein Sieg!
Den wünschen sich auch die Fans. Etwa 500 tummelten sich am Dienstagmittag auf dem Trainingsgelände an der Grünwalder Straße 114, beklatschten die Löwen-Profis bei der Übungseinheit. Und hatten über die Hälfte des Platzes ein Spruchband aufgehängt: „Morgen könnt Ihr zu Legenden werden. Kämpft und siegt für uns. Pokalsensation? - Wir glauben an Euch!"
Mögliche Aufstellungen
FCB: 1 Kahn - 2 Sagnol, 3 Lucio, 5 van Buyten, 21 Lahm - 8 Altintop, 17 van Bommel, 15 Zé Roberto, 7 Ribery - 9 Toni, 11 Podolski.
Ersatz: 22 Rensing, 29 Dreher (beide Tor) - 6 Demichelis, 16 Ottl, 19 Schlaudraff, 20 Sosa, 23 Jansen, 30 Lell, 31 Schweinsteiger, 35 Breno, 36 Fürstner, 39 Kroos.
1860: 1 Hofmann - 33 Johnson, 16 Thorandt, 5 Berhalter, 4 Hoffmann - 22 L. Bender, 8 D. Schwarz - 7 Bierofka, 18 Gebhart, 14 Holebas - 24 Kucukovic.
Ersatz: 12 Tschauner (Tor) - 11 Wolff, 13 Pagenburg, 17 S. Bender, 20 Burkhard, 23 B. Schwarz, 25 Ledgerwood, 26 Baumgartlinger, 27 Ziegenbein, 28 Eberlein, 30 Szukala, 35 Schäffler.
Nicht dabei: 9 Di Salvo (Lauftraining nach Syndesmosebandriss), 10 Göktan (Lauftraining nach Bandscheiben-OP), 19 Ghvinianidze (Reha nach Außenmeniskusschaden), 21 Schroth (Reha nach Knie-OP).
Schiedsrichter: Peter Gagelmann (Bremen); Assistenten: Matthias Anklam (Buchholz i.d. Nordheide), Sascha Thielert (Buchholz i.d. Nordheide); 4. Offizieller: Volker Wezel (Tübingen).