Schauspielerin Jennifer Nitsch wäre am 10. Dezember 40 Jahre alt geworden - Tod mit 3,1 Promille Alkohol
München (ddp-bay). In den Medien wurde sie als ``deutsche Sharon Stone´´ gefeiert. Wirklich gefallen hat ihr der Vergleich offenbar nicht - mit der ihr eigenen Trotzigkeit reagierte Jennifer Nitsch in einem Interview darauf: ``Ich bin ich und keine Kopie.´´ Am Sonntag wäre die Schauspielerin 40 Jahre alt geworden. Die tragischen Umstände ihres Todes sorgten vor rund zweieinhalb Jahren wochenlang für Schlagzeilen. Man habe damals nicht abschließend klären können, ob die 37-Jährige freiwillig aus dem Leben schied oder ob es ein Unfall war, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Donnerstag in München. Am 13. Juni 2004, einem strahlenden Frühsommersonntag, kletterte die Schauspielerin gegen Mittag nach durchtanzter Nacht aus dem Dachfenster ihrer Wohnung im Münchner Stadtteil Schwabing und stürzte aus dem vierten Stock in den Tod. Ein Fremdverschulden schloss die Polizei aus, daher schien zunächst ein Selbstmord wahrscheinlich. Einen Abschiedsbrief gab es aber nicht. Wie sich herausstellte, hatte Jennifer Nitsch zum Todeszeitpunkt 3,1 Promille Alkohol im Blut. Der Staatsanwaltschaft zufolge ist es daher fraglich, ob sie unter derart starkem Alkoholeinfluss überhaupt in der Lage war, bewusst aus dem Leben zu gehen. Die Nachbarn im Viertel glauben unterdessen bis heute nicht an einen Selbstmord. ``Die Jenny´´, wie eine Verkäuferin in einer Modeboutique die Schauspielerin vertraulich nennt, ``die Jenny war so ein fröhlicher und lustiger Mensch. Das war ganz sicher ein Unfall, und zwar ein ganz trauriger.´´ Sehr natürlich und ganz ohne Starallüren sei Nitsch gewesen. ``Jeder hat sie gemocht´´, bestätigt ein Verkäufer in der Boutique. An der Wand erinnern signierte Fotos, die Nitsch als strahlende Schönheit zeigen, an die Schauspielern. Kontaktfreudig und auch großzügig sei sie gewesen. ``Sie kam oft hier in den Laden und brachte eine Flasche Wein oder Kuchen für alle mit´´, erinnert sich die Verkäuferin. Vor dem mit Marmor und Stuck verzierten Eingang des gelben Altbaus, in dem Nitsch lebte, legten Menschen noch heute hin und wieder Blumen ab, berichtet die Verkäuferin einer Bäckerei, in der die Schauspielerin oft Sonntags eingekauft habe. ``Die Frau Nitsch war sehr beliebt´´, fügt die Bäckerin noch hinzu. Die Boulevardpresse verbreitete nach dem tödlichen Fenstersturz Meldungen über Alkohol- und Drogenexzesse, eine labile Psyche, Therapieaufenthalte, falsche Freunde und den unerfüllten Wunsch des gefeierten Stars nach einem Baby. Während sie beruflich gerne in die Rollen starker, selbstbewusster und entschlossener Frauen schlüpfte, berichten Kollegen von den Schwierigkeiten der Schauspielern, den Wechsel zwischen dem geregelten Tagesablauf bei Dreharbeiten und der Leere des Privatlebens auszuhalten. Zunehmend habe Nitsch ihre innere Zerrissenheit mit Kokain und Beruhigungsmitteln bekämpft. Angesichts der mysteriösen Umstände ihres Todes trat die Erinnerung an den steilen Aufstieg des deutschen Stars zunehmend in den Hintergrund. Dabei liest sich die Erfolgsgeschichte der Jennifer Nitsch wie ein Märchen. Nach der frühen Trennung der Eltern erhält Wolfgang Nitsch, ein erfolgreicher Manager, das Sorgerecht für die in Köln geborene Tochter. Nach einer Schulzeit im Internat und dem Abitur geht Jennifer Nitsch Ende der 80er Jahre als Kostümbildnerin nach München. Doch schnell erkennt die ehrgeizige junge Frau, dass es sie eher vor die Kamera zog, als im Hintergrund zu agieren. Nach ersten Rollen in der Vorabendserie ``Forsthaus Falkenau´´ und den Krimireihen ``Derrick´´ und ``Der Alte´´ erhält sie 1991, ohne je eine solide Schauspielausbildung absolviert zu haben, eine Hauptrolle im Kinofilm ``Allein unter Frauen´´. Als karatekämpfende Elektrikerin gelingt Nitsch in dem Sönke-Wortmann-Film der Durchbruch. Bereits drei Jahre später wird sie für ihre Darstellung der Titelrolle in dem ZDF-Fünfteiler ``Nur eine kleine Affäre´´ mit dem Bayerischen Fernsehpreis und dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Die Jury lobt ``die Ironie, mit der sie spiele, und den Funken Besonderheit, den niemand lehren könne´´. In ihrer knapp 16 Jahre währenden Karriere spielte die Wahlmünchnerin mehr als 60 Filmrollen. (ddp) 07.12.2006 11:33 Uhr
"Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."