Michael Schumachers Traum vom achten WM-Titel zum Abschied seiner Karriere hat sich nicht erfüllt: Ein früher Reifenschaden warf den Ferrari-Piloten beim Großen Preis von Brasilien aussichtslos zurück, so dass er schließlich nur auf Rang vier ins Ziel kam. Sein Rivale Fernando Alonso (Spanien) konnte dagegen mit einem zweiten Platz seinen Titel als Weltmeister erfolgreich verteidigen. Für einen Heimsieg sorgte Schumachers Teamkollege Felipe Massa, der nach 71 Runden vor Alonso gewann und von 60.000 Landsleuten in Sao Paulo gefeiert wurde.
Schumacher hätte das 250. und letzte Rennen seiner Laufbahn in jedem Fall gewinnen und dann noch darauf hoffen müssen, dass Alonso ausfällt oder bestenfalls Neunter wird. Doch mehr als Platz vier war nach dem Pech trotz einer beeindruckenden Aufholjagd nicht drin. In der WM-Endabrechnung fehlten "Schumi" 13 Zähler auf Alonso (121:134). Michael Schumacher fuhr beim letzten Start seiner Karriere sofort voll auf Angriff und hatte sich schon nach zwei Runden vom zehnten Startplatz auf Position sechs nach vorne geschoben. Danach hatte er Alonsos Teamkollegen Giancarlo Fisichella vor sich. Mit einem waghalsigen Manöver zog dann "Schumi" ausgangs der Start-Zielgeraden an dem Italiener vorbei. Fisichella hielt nochmal dagegen und rutschte dem Ferrari ins Heck. Dabei wurde der linke Hinterreifen an Schumachers Auto beschädigt, der sich kurz darauf völlig auflöste. Der siebenmalige Weltmeister schleppte sein Auto gerade noch in die Box zurück, bekam einen neuen Reifen und blies zur Aufholjagd - allerdings ein aussichtsloses Unterfangen, denn Schumacher fuhr dem Feld als 17. und Letzter hinterher. Mit konstant hohem Tempo und mehreren schnellsten Runden kämpfte er sich nach vorn, drei Runden vor Schluss überholte er auch noch seinen Ferrari-Nachfolger Kimi Räikkönen. Doch auf Platz vier war die wilde Hatz dann vorbei.
"Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."
"Ich bin stolz, dass ich gegen ihn fahren durfte", sagte der Spanier Fernando Alonso, der seinen WM-Titel durch einen zweiten Rang hinter Lokalmatador Felipe Massa in Sao Paulo erfolgreich verteidigte. Es sei eine Ehre gewesen, zweimal gegen Schumacher Weltmeister geworden zu sein: "Das bedeutet mir mehr als alles andere, egal, wieviele Titel ich in Zukunft noch hole." Damit brachte der alte und neue Champion die Stimmung auf den Punkt: Als sich Michael Schumacher nach dem letzten Rennen seiner Karriere in die brasilianische Nacht verabschiedete, verneigte sich die komplette Formel 1 voller Bewunderung vor dem erfolgreichsten Piloten der Geschichte.
Schumacher zauberte nochmal ein Rennen auf den Asphalt, wie nur er es fahren kann - aber der Traum vom achten WM-Titel erfüllte sich für ihn nicht mehr. Nach seinem frühen Reifenplatzer war auch die Luft im Titelkampf raus, dennoch trat Schumacher ab wie ein Champion. Vom letzten Platz raste er bis auf Rang vier nach vorne. "Michael hat einen unglaublichen Job gemacht", sagte Alonsos Renault-Teamchef Flavio Briatore, der sich zudem über die Konstrukteurs-WM freuen durfte.
"Michael ist gefahren wie ein Gott."
Für Ferrari-Technikchef Ross Brawn wird Schumachers 250. Grand Prix lange in Erinnerung bleiben: "Die Formel 1 mit so einer Leistung zu verlassen, ist ganz groß." Vor allem Schumis Überholmanöver gegen seinen Ferrari-Nachfolger Kimi Räikkönen (Finnland) drei Runden vor Schluss war genial. "Da hat er gezeigt, wer der wahre Champion ist", meinte der künftige Williams-Pilot Alexander Wurz (Österreich). Und dessen Landsmann, der ehemalige Red-Bull-Pilot Christian Klien, schwärmte gar: "Michael ist gefahren wie ein Gott."
Noch zwei Stunden nach dem Rennen feierte Ferrari den angehenden Früh-Rentner. Im Blitzlichtgewitter der Fotografen versammelte sich das ganze Team um Schumacher und bedankte sich für 11 Jahre voller Leidenschaft: "Grazie, Michael" stand in gelben Buchstaben auf der Boxentafel. Irgendwie schien dem "Aussteiger" der ganze Rummel ein wenig peinlich. "Ich fühle mich noch nicht nach Abschied. Ich bin eben erst noch das Rennen gefahren", sagte Schumacher, der nach eigener Aussage noch einige Tage braucht, um alle Emotionen zu verarbeiten.
Liebevoll nahm er Ehefrau Corinna in die Arme, mit der er jetzt mehr Zeit verbringen kann. Die Gattin ist froh, dass ihr Mann gesund aus der Formel 1 gekommen ist: "Das Schönste ist, dass in der ganzen Zeit nichts passiert ist, dass wir mit einem Beinbruch davongekommen sind." Und der Bild-Zeitung verriet sie: "Er ist als Mann noch besser als er als Rennfahrer war." Vater Rolf Schumacher, der den Sohn ein letztes Mal zu einem Rennen begleitete, war ebenfalls erleichtert, als alles vorbei war: "Michael hat sich richtig gut verabschiedet mit einem so tollen Rennen. Die Reise hat sich wirklich gelohnt."
Bundeskanzlerin Merkel: Wie Schmeling und Beckenbauer
Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte Schumacher in einem offenen Brief in der Bild in eine Reihe "mit den anderen ganz Großen des deutschen Sports: Mit Max Schmeling und Fritz Walter, mit Franz Beckenbauer, Boris Becker und Steffi Graf. Sie haben ihre Sportart, so glaube ich, durch einen Hauch Genialität bereichert."
Die internationale Presse feierte Schumacher nach seiner Gala-Vorstellung ein letztes Mal und warf wie die Gazzetta dello Sport die Frage auf: "Warum muss sich ein solcher Pilot zurückziehen?" Tuttosport schrieb: "Die Formel 1 wird ohne ihn nicht mehr dieselbe sein." Für die renommierte Londoner Times zeigte Schumacher noch einmal, "warum er der erfolgreichste Fahrer der Formel-1-Geschichte ist. Er zeigte Kampfgeist und eine saubere, couragierte Fahrweise und fand seinen Weg durch das Feld".
Für Schumacher war es ein Abschied ohne Tränen, er müsse jetzt erstmal Abstand gewinnen, um die Situation zu verarbeiten. "Wenn ich traurig wäre, hätte ich diese Entscheidung nicht getroffen", meinte der 37-Jährige, der diesen Schritt nicht bereut: "Man braucht viel Energie, um diese Leistungen zu bringen. Es kann nur mein Ziel sein, auf diesem Niveau zu fahren, nicht auf einem anderen, und diese Kraft sehe ich nicht mehr." Ein Comeback als Rennfahrer schließt "Schumi" aus, "sonst wäre ich ja nicht zurückgetreten".
Privatvermögen von geschätzten 232 Millionen Euro
Finanzielle Sorgen hat Schumacher auch als Früh-Rentner nicht. Mit einem Privatvermögen von geschätzten 232 Millionen Euro hat er bis ans Lebensende ausgesorgt. Und der Rubel rollt weiter, wie sein Manager Willi Weber sagt. Er habe schon lange nicht mehr soviel mit der Marke Schumacher umgesetzt, seit feststeht, dass sein Schützling den Helm an den Nagel hängt. "Das wird wohl noch eine ganze Weile so andauern, denn die Leute merken plötzlich, dass Michael nicht mehr da ist." Und das letzte Rennen habe nochmal gezeigt, "dass Michael der beste Rennfahrer der Welt ist. Er hat jedem einzelnen die Schau gestohlen." 23.10.2006 13:50 Uhr
"Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."
Für viele Formel-1-Fans war Michael Schumacher der Grund zum regelmäßigen Einschalten. Nach dem Rücktritt des Rekordweltmeisters sinken nun die Preise in der Motorsport-Königsklasse. Der Kölner Rechteinhaber RTL kündigte mit Blick auf die wohl vorerst sinkenden Quoten an, die Werbepreise geringfügig zu senken. Carsten Schmidt, Sportvorstand bei Premiere, erwartet um 10 bis 30 Prozent geringere Preise für die Schaltung von Werbung.
"Der Weggang von Schumacher ist für uns nicht erfreulich. Mit Schumacher geht eine sichere Bank für RTL verloren", sagte Florian Ruckert, Geschäftsleiter Marketing des RTL-Werbezeitenvermarkters IP Deutschland im Handelsblatt. Bei Schumachers letztem Rennen in Brasilien vor der Top-Quote von 13,44 Millionen Zuschauern hatte ein 30-Sekunden-Spot noch 117.000 Euro gekostet.
RTL und Premiere wollen ihre Ende nächsten Jahres auslaufenden Verträge mit Formel-1-Boss Bernie Ecclestone gern verlängern, allerdings hofft man auf eine Reduzierung der Preise für die Übertragungsrechte. 24.10.2006 12:51 Uhr
"Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."
Ferrari steckt voll im Umbruch: Nach dem Karriere-Ende von Michael Schumacher wird voraussichtlich auch Jean Todt, seit 1993 Ferrari-Teamchef in der Formel 1, sein Amt abgeben. Der Franzose soll zum neuen Geschäftsführer des Sportwagenherstellers aufrücken und sich gemeinsam mit Präsident Luca di Montezemolo um die wirtschaftlichen Belange des Unternehmens kümmern. Die Formel 1 würde Todt in diesem Fall verlassen. Das berichtete die römische Tageszeitung "La Repubblica" am Dienstag.
Der 60-jährige Todt hatte zuletzt häufiger den Wunsch nach einem ruhigeren Leben geäußert. Seinen Platz als Teammanager sollen seine bisherigen Mitarbeiter Mario Almondo und Stefano Domenicali übernehmen. Domenicali, derzeit Sportdirektor des Rennstalls, hat laut Repubblica beste Beziehungen zu Montezemolo.
Noch unklar ist, ob Michael Schumacher eine Rolle im Ferrari-Team 2007 spielen wird. Nach wie vor sei es nicht auszuschließen, so "La Repubblica", dass Schumacher den "Roten" als Testfahrer erhalten bleibt. 24.10.2006 13:45 Uhr
"Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."
Rekordweltmeister Michael Schumacher plant für die nähere Zukunft keine Rückkehr auf die Rennpiste und will sich nach seinem Abschied von der Formel 1 ganz auf sein Privatleben konzentrieren. Wunschlos glücklich zeigte sich der siebenmalige Champion nach seinem letzten Grand Prix und schloss ein Comeback oder den Wechsel in die Deutsche Tourenwagen-Masters (DTM) aus - zumindest im Moment. "Warum sollte ich das tun?", sagte Schumacher in einem Interview mit der Sport Bild: "Allerdings: Ich kann diese ganzen Fragen mit Bestimmtheit nur vom heutigen Standpunkt aus beantworten. Niki Laudas Comeback, Mika Häkkinens Rückkehr in die DTM - das ist alles nach einer gewissen Zeit passiert. Ich kann jetzt nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, was in zwei oder drei Jahren sein wird."
"Irgendwo in den Urlaub fahren"
Im Moment freut sich der 37-Jährige, der am vorigen Sonntag in Sao Paulo sein 250. und letztes Formel-1-Rennen gefahren ist, darauf, mehr Zeit für seine Familie und Dinge außerhalb des Rennsports zu haben. In sechs Wochen, wenn die Ex-Kollegen mit den Testfahrten für die Saison 2007 beginnen, hätten seine Kinder Gina-Maria und Mick wahrscheinlich Ferien, "und wir werden irgendwo in den Urlaub fahren", meinte Schumacher: "Dann werde ich persönliche Dinge erledigen, um die ich mich kümmern muss, weil sie in der Vergangenheit einfach zu kurz gekommen sind."
Große Wünsche für die Zukunft habe er nicht, versicherte der erfolgreichste Formel-1-Pilot aller Zeiten. "Ich führe ein so erfülltes und glückliches Leben - da hat man eigentlich keine Wünsche mehr. Aber ich werde mich sicher darauf freuen, irgendwann etwas weniger Aufmerksamkeit zu bekommen." Der völlige Rückzug ins Privatleben sei "morgen sicher noch nicht" möglich: "Aber irgendwann schon. Wenn ich alt, grau und dick bin."
"Die Wale waren immer woanders"
Einige Dinge sind aber während Schumachers fast 16-jähriger Karriere in der "Königsklasse" zu kurz gekommen. "Ich wollte schon immer einmal mit Walen tauchen gehen. Das habe ich bisher nie geschafft. Ganz einfach, weil ich immer zu den richtigen Zeitpunkten an den falschen Orten sein musste. Die Wale waren immer woanders", verriet Schumacher: "Jetzt werde ich die Zeit haben, dahin zu reisen, wo die Wale sich gerade befinden."
Auch will sich der UNESCO-Sonderbotschafter mehr Zeit für soziale Projekte nehmen. "Die wenige Zeit, die ich in meiner aktiven Zeit hatte, wollte ich verständlicherweise in erster Linie mit meiner Familie verbringen. Jetzt werde ich mehr Zeit haben, mich mit diesen Dingen zu beschäftigen", meinte er. Schumacher hat in den letzten Jahren regelmäßig Beträge bis in Millionenhöhe für den guten Zweck gespendet und vor zwei Jahren auf einen Schlag sogar zehn Millionen Dollar für die Tsunami-Geschädigten gegeben.
Die Tsunami-Katastrophe bezeichnete Schumacher dann auch neben dem Tod seiner Mutter als die negativen Schlüsselszenen der letzten 16 Jahre. Doch auch da überwiegen die positiven Erinnerungen: "Die Geburt meiner Kinder. Der Tag, an dem Corinna und ich ein Paar wurden. Die ersten Weltmeisterschaften - mit Benetton 1994 und mehr noch mit Ferrari im Jahr 2000." 25.10.2006 12:33 Uhr
"Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."
Die Formel 1 und das Ferrari-Team verlieren nach dem Rücktritt von Michael Schumacher und Teamchef Jean Todt eine weitere schillernde Figur. Der technische Direktor Ross Brawn, der Schumacher als Chefstratege und "Superhirn" zu unzähligen Erfolgen führte, zieht sich ins Privatleben zurück. Die italienische Sporttageszeitung Gazzetta dello Sport mutmaßte am Freitag allerdings, Brawns Rückkehr in seine Heimat Großbritannien könne durchaus auch andere Gründe haben. Das Blatt bringt den 51-Jährigen schon für 2008 mit McLaren-Mercedes, BMW und Williams in Verbindung.
Bei Williams stand Brawn bereits Ende der Siebziger Jahre unter Vertrag, ehe er über die Stationen Arrows und Jaguar 1991 zum Benetton-Team stieß. 1996 folgte er dem damals amtierenden Weltmeister Michael Schumacher von Benetton zu Ferrari.
Nach Schumacher, Todt und Brawn wird auch Ferraris Motorendirektor Paolo Martinelli die Formel 1 verlassen und einen Managerposten im Mutterkonzern Fiat übernehmen. Todts Nachfolger als Teamchef wird der 41-jährige Stefano Domenicali, die technische Leitung des Rennstalls übernimmt der 42-jährige Mario Almondo. Für den Bereich Motoren ist künftig Gilles Simon zuständig. 27.10.2006 11:47 Uhr
"Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."