Angesichts des sich immer konkreter abzeichnenden Klimawandels ruft die Bundesregierung dazu auf, sich auf unvermeidbare Folgen der weltweiten Erwärmung einzustellen. "Wir müssen uns heute anpassen, um morgen nicht von den wirtschaftlichen und sozialen Folgen überrollt zu werden", sagte Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in Berlin. Die EU-Kommission kündigte derweil an, den Energieverbrauch in Europa deutlich senken zu wollen. Die Brüsseler Behörde strebt an, die Effizienz der Energienutzung durch Großverbraucher, im Hausbau und im Verkehr bis 2020 um 20 Prozent zu verbessern.
Gabriel und der Chef des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, gaben in Berlin den Startschuss für ein bundesweites Kompetenzzentrum, das Informationen über Klimafolgen und erforderliche Anpassungen bündeln und vernetzen soll. Gabriel verwies auf aktuelle Modellrechnungen, wonach die durchschnittlichen Temperaturen in Deutschland bis zum Jahr 2100 um zwei bis drei Grad höher liegen dürften als vor 1990. Bereits 2020 werde an der Zugspitze der letzte deutsche Gletscher verschwunden sein, es werde mehr Starkregen geben, aber auch Trockenheit vor allem im Nordosten des Landes. Ziel Deutschlands und der EU ist es, den Temperaturanstieg auf höchstens zwei Grad zu begrenzen, da Experten die Folgen ansonsten für nicht mehr beherrschbar halten. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten laut Gabriel in Deutschland die Kohlendioxidemissionen bis 2020 um rund 40 Prozent niedriger liegen als im Jahr 1990, bis 2050 sogar um 60 bis 80 Prozent. Der Minister kündigte an, die Bundesregierung werde den Klimawandel und seine Folgen zu einem Schwerpunktthema der deutschen Präsidentschaften von EU und G8 im kommenden Jahr machen. Hintergrund der Brüsseler Pläne zum Energiesparen sind die hohe Abhängigkeit der EU von Öl- und Gasimporten und die hohen Energiepreise. Der zuständige Kommissar Andris Piebalgs will am Donnerstag einen Aktionsplan vorstellen, wie sein Büro in Brüssel mitteilte. Die Europäer könnten "weniger Energie verbrauchen und dennoch die gleiche Lebensqualität haben", zitiert die "Financial Times Deutschland" aus dem Plan des Energiekommissars. Die Kommission wolle bei Haushalts- und Bürogeräten wie Boilern, Waschmaschinen, Rechnern, Beleuchtungen und Klimaanlagen dafür sorgen, dass die Verbraucher energiesparendere Produkte kaufen. Vor allem im Standby-Modus sollten die Geräte deutlich weniger Energie als bisher verbrauchen. Zu diesem Zweck sollten bestehende EU-Gesetze wie etwa die Ökodesign-Richtlinie überarbeitet werden. Der Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH) appellierte unterdessen an die Bundesregierung, ihrerseits die Standards zur Energieeffizienz für die Gebäudesanierung zu verschärfen und die förderpolitischen Rahmenbedingungen zu verbessern. Auf diese Weise könnten die einheimische Wirtschaft gestärkt und die teuren Energieimporte vermindert werden, sagte Verbandspräsident Heinrich Schulte in Berlin.
"Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."