Syke/Bremen - Der Entertainer und Showmaster Rudi Carrell ist tot. Der Niederländer erlag am Freitag in Bremen im Alter von 71 Jahren seinem Krebsleiden.
Carrell, der mit Shows wie "Am laufenden Band" fast vier Jahrzehnte deutsche Fernsehgeschichte schrieb, war im Frühjahr 2005 an Lungenkrebs erkrankt. "Er ist friedlich eingeschlafen", sagte Carrells Schwiegersohn Dieter Klar am Montag. Ein Teil der Familie sei bei ihm im Krankenhaus gewesen. Fernseh-Intendanten und Weggefährten würdigten den Allrounder als "TV-Urgestein" und prägende Persönlichkeit der Unterhaltungsbranche, der mit seinen Sketchen und Liedern ein Millionenpublikum begeistert hat.
Seit seiner schweren Erkrankung lebte der Spaßmacher ("Wann wird's mal wieder richtig Sommer") zurückgezogen auf seinem Gutshof in Syke bei Bremen. Der Fernsehkomiker mit dem charmanten Akzent war 1975 auf das abgelegene Anwesen gezogen.
Carrell gehörte zusammen mit Hans Rosental, Hans-Joachim Kulenkampff, Harald Juhnke, Peter Frankenfeld oder Wim Thoelke zu den großen Showmastern im deutschen Fernsehen. "Ich habe ihn immer verglichen mit den großen Entertainern seiner Zeit, das waren Peter Frankenfeld und Hans-Joachim Kulenkampff, dann kam der Rudi. Der Rudi war einfach frecher als andere, kreativer", sagte Showmaster Frank Elstner dem SWR2 Journal.
Bereits schwer von der Krankheit gezeichnet bekam der wohl bekannteste Niederländer in Deutschland im Februar 2006 die Goldene Kamera für sein Lebenswerk. "Wenn das bei der Goldenen Kamera mein letzter Auftritt war, dann kann man sich keinen schöneren Abschied vorstellen", sagte Carrell im Anschluss. Anfang August soll nach Angaben des C. Bertelsmann Verlages die Biografie "Rudi Carrell. Ein Leben für die Show" erscheinen.
Eine offizielle Trauerfeier wird es auf Wunsch von Carrell nicht geben. "Er wollte es so unauffällig wie möglich", sagte Klar. Eine Trauerfeier im engsten Kreis mit den Enkelkindern und Verwandten aus Holland habe schon am Sonntag stattgefunden. "Wir wussten seit eineinhalb Jahren von der Krankheit, und wir waren auf den Abschied vorbereitet." Wo Rudi Carrell beigesetzt wird, steht noch nicht fest. Sein Sohn Alexander lebt in Australien und wird nächste Woche erwartet. Carrell hat drei erwachsene Kinder und vier Enkelkinder. Seit 2001 war er in dritter Ehe mit Simone verheiratet. Seine zweite Frau Anke war im Februar 2000 an Herzversagen gestorben. Seine erste Ehe war geschieden worden.
Weggefährten, Kollegen und Freunde würdigten das Jahrzehnte lange Wirken des charmanten Holländers, der seit langem in Deutschland lebte. WDR-Intendant Fritz Pleitgen bezeichnete Carrell als "großen Entertainer". Er habe die ARD-Unterhaltung über drei Jahrzehnte lang mit geprägt. Mit "Am laufenden Band", aber auch mit "Rudis Tagesshow" oder "Die verflixte Sieben" habe Carrell Fernsehgeschichte geschrieben. Der Fernsehsender RTL sagte über den Komiker: "Über Jahrzehnte setzte er Maßstäbe in der deutschen TV-Unterhaltung, spürte Trends in der Comedy auf und war dabei immer Vorbild für junge Kollegen."
"Mit Rudi Carrell verliert die deutsche Medienlandschaft eine ihrer prägendsten Persönlichkeiten", sagte der Intendant von Radio Bremen, Prof. Heinz Glässgen. ZDF-Intendant Markus Schächter würdigte das "TV-Urgestein Rudi Carrell" als ein "Vorbild für alle nach ihm kommenden Generationen von Showmastern und Entertainern". "Der Holländer" des deutschen Fernsehens habe vor und hinter der Kamera Maßstäbe in Professionalität und Kreativität der Fernsehshow in Europa gesetzt.
"Mit Rudi Carrell verlieren wir einen Showmaster im besten Sinne des Wortes", heißt es in einem Kondolenzschreiben von Bundespräsident Horst Köhler. Er habe "die Fernsehunterhaltung in Deutschland geprägt mit seinem Witz, seinem charmanten Akzent, seiner Nähe zum Publikum, aber auch seinem Mut, immer wieder Neues zu wagen".
"Er war nicht angepasst und redete nicht jedem nach dem Mund. Zur Not konnte er auch unbequem sein. Dies habe ich immer an ihm geschätzt", würdigte die Schauspielerin Uschi Glas.
Der Showmaster musste jede Woche zur Routineuntersuchung in die Klinik. Diesmal sollte er auf Wunsch der Ärzte zwei Tage länger bleiben. Dass er die Klinik nicht wieder verlassen konnte, "hatte sich vorher nicht abgezeichnet", sagte Klar.
Carrell hatte sich längst mit seinen Tod abgefunden. "Dann ist es eben aus", hatte er einmal gesagt. Auch über den Ausbruch der Krankheit war er nach eigenen Angaben nicht überrascht. "Hätte ich eigentlich schon längst haben müssen", meinte Carrell in einem seiner letzten Interviews. Der passionierte Raucher hatte die Zigaretten erst mit Ausbruch der Krankheit beiseite gelegt.
Carrell, der am 19. Dezember 1934 in niederländischen Alkmaar als Rudolf Wijbrand Kesselaar geboren wurde, kam 1965 zum deutschen Fernsehen. Zu seiner erfolgreichsten Fernsehsendung zählt seine Samstagsabend-Show "Am laufenden Band" (1974-1979). Zuletzt produzierte er bei RTL seine Comedy-Show "7 Tage - 7 Köpfe", die am 30. Dezember 2005 zum letzten Mal ausgestrahlt wurde.
© dpa - Meldung vom 10.07.2006 17:47 Uhr
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